Okt 14 2009
Im Biss
Pommes rot-weiss, Pommes Schranke oder auch einfach Pommes mit Ketchup und Majo. Wer kennt es nicht? Dazu noch leckere Currywurst, Bratwurst und sonstige einfach und schnell zubereitete Leckereien, das alles gibt es in meiner Imbissbude. Meinen Imbissstand findet man zwar weder in Berlin, noch im Ruhrgebiet, dennoch biete ich die gute, alte Currywurst auch bei mir hier in Baden-Württemberg an.
Heutzutage liest man auch immer mehr von „Snackbar“, aber auf meiner Bude prangt in großen Lettern „Ingo’s Imbiss“ und dabei wird es auch in Zukunft bleiben. Zu einem Bekanntheitsgrad wie Konnopke’s Imbiß in Berlin, hat es Euer Ingo allerdings noch nicht geschafft.
Ich habe soeben die Getränke im Kühlschrank aufgefüllt. Cola, Wasser, Säfte, Dosenbier und auch Schokoladenmilch für die kleineren Gäste. Jetzt geht es vor den Kiosk noch schnell die Stehtische aufklappen, links und rechts von meinem Stand kommen noch Abfalleimer hin um unsere Stadt schön sauberzuhalten und dann bin ich auch schon mehr oder minder bereit für die Kundschaft.
Auch wenn es praktisch wäre, wissen Sie warum meist nur Stehtische und keine richtigen Sitzgelegenheiten bei Imbissbuden angeboten werden? Wenn der Betreiber einer Pommes- oder Würstchenbude Sitzplätze anbietet, muss er nämlich auch eine Toilette vorzuweisen haben. Sonst kommt es zu Problemen mit dem Ordnungsamt. Deshalb gibt es auch bei mir nur die Theke und drei Stehtische um sein Essen zu verzehren. Meist nehmen die Leute ihr Essen ja eh mit auf den Weg, vor allem jetzt, wo doch wieder langsam aber sicher der Winter Einkehr erhält.
Ich reihe noch schnell die Pappteller, das Plastikgeschirr und die Servietten nebeneinander und der erste Gast kann kommen.
Mein Tagesablauf sieht meist wie folgt aus: Aufstehen um 9 Uhr, bei meinem Stand bin ich dann etwa eine Stunde später und geöffnet ist von Montag bis Freitag 11-22 Uhr. Samstags muss ich noch einmal von 16-22 Uhr ran und Sonntag gönne ich mir einen wohlverdienten Ruhetag. Falls Einkäufe getätigt werden müssen, bin ich wochentags allerdings schon weit vor 9 Uhr aus den Federn.
Den ersten Ansturm gibt es von etwa 11:30 bis kurz nach 14 Uhr. Da ist dann betriebsame Hektik zur Mittagspause angesagt und anschließend habe ich wieder etwas Zeit zum durchatmen, ehe es dann von 17 bis 21 Uhr noch einmal richtig losgeht.
A propos durchatmen… momentan bin ich zwar Single, falls ich aber in einer Beziehung wäre, würde ich meine Freundin abends nach der Arbeit erst nach einer ordentlichen Dusche begrüßen. Wenn ich in meinem Imbissstand stehe, merke ich es noch nicht einmal, aber sobald ich nach einem kurzen Spaziergang an der frischen Luft zuhause angekommen bin und die Wohnungstür hinter mir schließe, da riecht man erst einmal wie man doch im Fett steht. Es gibt definitiv besser riechende Jobs als meinen.
Was mir an der Arbeit aber besonders gefällt sind die unterschiedlichsten Gäste und die dazugehörigen Gespräche über Gott und die Welt. Vielleicht kennen die einen oder anderen unter Euch die Sendung Dittsche?
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Bei mir ist es zwar nicht nur ein einziger Gast der mich vollabert, wie es bei der genannten Sendung meist der Fall ist. Mit den Themenbereichen kommt es aber schon in etwa hin. Momentane Top-Themen hier vor meinem Stand sind die angestrebte Jamaika-Koalition im Saarland, die Weltmeisterschaftsteilnahme der deutschen Fußball Nationalmannschaft und die Geburt von Heidi Klums viertem Kind. Letzteres Thema ist vor allem auf die hier niedergelassene Frauenklinik zurückzuführen.
Das lässt mich auch gleich zu meinen beiden Lieblingsgästen kommen. Das eine ist die Mia, nette Hebamme dir hier öfters mal vorbeischaut und das andere ist der Rolf, ein Rentner, der hier quasi täglicher Kunde ist. Letzterer hat leider vor knapp drei Jahren bei einem tragischen Unfall seine Frau verloren und hat hier seitdem neben dem Essen auch noch mit mir einen guten Zuhörer gefunden.
Als Imbissbuden-Besitzer ist man Koch, Zuhörer, Lautsprecher, Pädagoge und Klatschtante in einem – ein herrlicher Beruf. Kürzlich bin ich sogar fast zum Polizisten aufgestiegen. Ein paar Jugendliche hatten sich an einem Samstagabend hier getroffen und wollten sich vermutlich mit ein paar Bier in Stimmung bringen, ehe es ins Nachtleben geht. Als ich dann aber um 22Uhr schließen wollte, waren einige schon so angetrunken, dass Pöbeleien anfingen, sogar unter der Gruppe wurde geschubst und nach einigen Diskussionen, war der Anruf bei der Polizei gottseidank nicht mehr nötig und ich konnte schlichten. Am folgenden Wochenende kamen sich die Jungs sogar bei mir wegen der blöden Anmerkungen entschuldigen. Tolle Geste und dass sie sich überhaupt noch an mich erinnern konnten bei dem Alkoholpegel, Respekt.
Man erlebt eine Menge und immer mitten aus dem Leben. Aber da ich gerade nicht nur mitten im Leben, sondern mitten auf der Arbeit bin, lasse ich es dann auch jetzt hier mal an diesem Punkt abreißen, denn die ersten Kunden stehen vor meinem Tresen und wollen bedient werden.
In diesem Sinne, guten Appetit!
12 Kommentare
12 Kommentare zu “Im Biss”
Jetzt will ich aber auch eine Currywurst, oder Pommes, habe ich auch schon lange nicht mehr gegessen.
Das der Beruf sicher auch Spaß machen kann ist mir klar, aber ich weiß nicht ob ich das auf ewig könnte, mir die Probleme der Gäste anhören und das soweit abschotten, dass es nicht all zu nah an mich rankommt. Ich glaube, ich wäre irgendwann ein nervliches Frack.
Lieben Gruß
Sven
total klasse geschrieben :) ich vermisse diese Art Imbisbude doch hin und wieder mal, da es hier solche gar nciht gibt. Es gibt hier zwar Wurstbuden, aber keine richtigen…..
Toll geschrieben, habe mit Freude gelesen :)))
Liebe Grüsse Steffi :)
Hallo Ihr Beiden,
– Sven, Lustauf Currywurst hätte ich jetzt auch. Pommes hatte ich gestern erst, aber so eine Currywurst. Vor allem da es gegen 11Uhr ist, da setzt schon immer der erste Hunger ein vor der Mittagspause.
Und das mit den „Problemen“ der Gäste. Sie kommen ja nicht nur mit Problemen zu mir, daher ist die Balance schon gegeben und ein nervliches Wrack auszuschließen.
– Steffi, danke für die Blumen. Es freut mich dass der Text und die Schreibweise gefallen hat. Anfangs nächster Woche ist dann ein Gastbeitrag online. Bin gespannt wie der rüberkommt.
Jedenfalls danke für deine positive Rückmeldung.
Euch allen einen angenehmen Mittwoch!
Zeit fürs Mittagessen, nun habe ich Hunger lol
@ Alex darf ich mir mal ein Beruf wünschen ? würde dir auch dann beim schreiben helfen *gg*
mag deine Berufe Artikel ….
liebe Grüsse Steffi
Steffi, selbstverständlich. Nur zu.
Vielleicht ist das hier allerdings auch eine Möglichkeit für dich?
https://www.workablogic.de/2009/10/12/stell-deinen-beruf-vor/
Es freut mich zu lesen, dass meine Arbeitswelt-Soap gefällt. Nächste Woche sind bereits insgesamt 40 im Kasten und ich werde mir Mühe geben, dass mir die Berufe sobald noch nicht ausgehen werden.
Angenehmen Mittwochabend!
„Es gibt definitiv besser riechende Jobs als meinen.“
Na und? Wen juckts?
Sehr geiler Text, vor allem der Abschnitt mit den Jugendlichen :D – aber wenn ich an meine letzte abendliche Fressattacke denke, sollte ich lieber nen großen Bogen um den Currywurststand machen :/
Hey,
– Sebastian, mich juckt’s jedenfalls nicht. Würde diese Arbeit gegen kaum eine andere eintauschen wollen. Aber da ich den Menschen meinen Arbeitstag näher bringen will, darf der Geruch halt nicht fehlen! :)
– Base, es freut mich, dass dir der Text gefällt. Und mit dem Bogen um den Currywurststand… ja, es ist definitiv nicht etwas für jeden Tag! ;)
Angenehmen Freitag Euch allen!
Mal wieder Klasse gemacht! Aber es gibt doch noch solche Buden, bei uns zumindest!
Hey Andy,
freut mich dass dir die Soap-Folge mal wieder gefallen hat. Solche Buden gibt es definitiv noch hier und da… aber es sind wohl insgesamt weniger geworden.
Wünsche Euch allen einen angenehmes Wochenende!
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