Nov 17 2010
Der Makler und seine Courtage
Ich biege links mit meinem Wagen ein und parke im Innenhof. Ich nehme meine Mappe in die Hand, steige aus und schaue mich um. Noch niemand da. Ich gehe noch einmal schnell meine Unterlagen durch, man will ja schließlich für alle eventuellen Fragen gewappnet sein. Die Wohnungsskizze, die wichtigsten Punkte und Zahlen, der Hausschlüssel ist auch da… alles klar, dann fehlen jetzt nur noch die Wohnungsinteressenten. Ich schaue auf die Uhr, kurz vor 10. Ich habe also noch ein wenig Zeit und gehe schon mal in die Wohnung und ziehe die Rollläden hoch. Macht das ganze doch gleich freundlicher und einladender.
Ich schaue durch die Fenster des Treppenhauses hinunter, wo nun auch vermutlich die Leute unten auf dem Parkplatz eingetroffen sind. Unten angekommen stelle ich mich vor und der erste Eindruck ist schon einmal sympathisch. Die Eltern samt ihrem Sohn suchen eine Wohnung zwecks Studium des Sohnemanns. Na solche Eltern hätte ich damals auch gerne gehabt! Wobei ich denke, dass die Eltern hier auch an sich denken, denn eine Unterkunft in Berlin zu haben, ist doch schon was schönes als Zweitwohnung.
Gleich draußen erkläre ich Ihnen, dass der Stellplatz Nummer 2 zur Wohnung mit dazu gehört, schließe unten erneut das Haus auf und wir begeben uns alle nach innen.
Das Wohnhaus besteht aus 8 Parteien und wir müssen in die 3. Etage. Ich sperre oben die Tür auf und der erste Blick fällt gleich links ins Badezimmer. Ich bitte alle rein, schließe die Tür, damit sie auch gleich das gegenüber liegende Schlafzimmer sehen können. Ein paar Fußschritte weiter im Flur, dann haben wir auch schon links die Küche und rechts das Wohnzimmer. Angrenzend daran gibt es noch einen sechs Quadratmeter großen Balkon. Alles in allem ein tolles Appartment, das Haus ist zwar bereits aus den 60ern und nichts modernes, aber es weiß zu überzeugen und ich glaube, dass ich die Leute spätestens dann im Sack habe, wenn sie auf dem Balkon stehen. Südseite mit einem herrlichen Blick.
Nachdem ich ihnen von allen Vorzügen der Wohnung erzählt habe, lasse ich sie nun sich selbst erst einmal ein Bild machen. Den Sohn scheine ich bereits überzeugt zu haben, da er gerade schon daran ist die Wohnung in seinen Gedanken einzurichten. Hier das Bett, da die Couch, hier noch ein Schrank…
Die Mutter stört sich ein wenig an dem Riesenboiler im Bad und dass die Küche auch noch wie in den 60ern aussieht. Aber ansonsten geben sie zu, dass es bislang die beste Wohnung ist, die sie gesehen haben. Sie erbitten sich noch einen Tag Bedenkzeit und wollen morgen auf mich zurückkommen.
Dann hoffe ich mal, dass es sich hierbei nicht um die üblichen Floskeln handelt „beste Wohnung bislang… melden uns morgen“. Ich verabschiede sie nachdem der Vater noch die eine oder andere Frage losgeworden ist und schließe die Tür hinter mir zu.
Mit der Küche aus den 60ern, was interessiert das einen Studenten, frage ich mich. Erstens essen die eh meist in der Mensa und wenn sie sich was zuhause zubereiten, dann doch sowieso meist Ravioli aus der Dose oder Tiefkühlpizza.
Ich schaue auf die Uhr. 10:43 Uhr. Nicht viel Zeit bis zur nächsten Wohnungsbesichtigung um 11 Uhr, fast am anderen Ende der Stadt. Mein kleiner Smart bekommt das hin. Nicht umsonst habe ich mir diesen kleinen Firmenwagen zugelegt. Optimal für das Stadtleben.
Sonst hatte ich mein Büro gleich im Herzen der Stadt, doch wer braucht nach der Weltwirtschaftskrise seine eigenen vier Wände noch beim Adenauerplatz? Da habe ich dann doch lieber ein wenig eingespart und befinde mich nun mit meinem Immobilienmakler-Büro gleich außerhalb der Stadt.
Als ich damals anfing, hatte ich nur die Maklerprovision, die sogenannte Courtage vor Augen. Heutzutage muss ich zugeben, dass es für mich nun mehr als nur das ist. Klar, reizen einen anfangs die 3-7% des Verkaufpreises auf einen privaten Immobilienverkauf, oder auch die bis zu zwei Netto-Monatskaltmieten die man bei einer Immobilienvermietung erzielen kann. Aber man muss für diesen Beruf gemacht sein und ich lebe eben diesen in vollen Zügen. Auch wenn der Konkurrenzkampf, der Zeit- und Verkaufsdruck wächst. Es ist einfach das, was ich schon immer machen wollte und auch nie anders kannte, da schon mein Vater in diesem Geschäft war.
Zuhause werde ich durch meine Frau und unser Kind aufgefangen und auf genau diese freue ich mich, wenn ich irgendwann zwischen 12 und 13 Uhr am Esstisch sitzen werde und mich von meiner Frau bekochen lasse. Das geht bei uns gottseidank sehr spontan. Sobald die letzte Morgenbesichtigung durch ist, greife ich zu meinem Handy und teile meiner Frau im Auto über die Freisprechanlage mit, dass ich mich auf den Nachhauseweg begebe, ehe ich heute Mittag wieder ab 14 Uhr durchstarte, wenn die nächste Besichtigung ansteht.
Sie ist meine persönliche Ernährungsexpertin, kocht wunderbar und vor allem gesund und auch unserem Jüngsten fehlt es somit nicht an Vitaminen und Gesundem.
Jetzt aber erst einmal die Arbeit und dann das Vergnügen.
4 Kommentare
4 Kommentare zu “Der Makler und seine Courtage”
Nice Story!
Hey Alex,
sehr schöne Story, hast verdammt gut geschrieben!!!
Auch lustig mal die Sicht eines Maklers zu hören. Ich hab mir vor einem jahr auch ne Wohnung gesucht zwecks Studium und habe ganze 18 Wohnungen angeschaut und da trifft man natürlich auf verschiedenste Makler.
Bei mir war es allerdings Hamburg und da macht Wohnungssuche keinen Spaß, denke mal, dass du auch froh bist in Berlin zu arbeiten.
Einen schönen Abend wünsche ich.
Hey Sebastian und Skatze,
danke für das Lob.
Hamburg habe ich auch die nächsten Jahre mal wieder vor in Angriff zu nehmen, was ein verlängertes Wochenende angeht. Die Alster und Co, schöne Stadt.
Euch beiden einen angenehmen Start in die Woche,
Alex
Bin auch äußerst froh in diese Stadt gezogen zu sein. Hatte auch die Wahl nach Berlin zu gehen, aber hier ist es einfach schön grün, naja obwohl wenn ich jetzt nach draußen gucke :)
Wünsche auch einen angenehmen Start in eine neue kalte Woche.