Jun 08 2010
Tod oder Gladiolen
Nein, keine Angst. Hier geht es nicht um Leben oder Tod.
Die, die in der letzten Zeit den deutschen Fußball verfolgt haben, denen müsste der Spruch „Tod oder Gladiolen“ allerdings bekannt sein. Und nochmal nein. Ich bin weder Bayern- noch Fußballfan. Ja, noch nicht einmal männlich.
Ich bin eine Frau die in Ihrem Beruf unter anderem eben auch mal mit Gladiolen zu tun hat. Ich bin nämlich Floristin. Muss allerdings dann doch noch anmerken, dass ich auch als Frau sehr wohl weiß was Abseits ist.
Aber kommen wir mal lieber zu meiner alltäglichen Arbeit.
Ich betreibe ein kleines Blumenfachgeschäft. Zu meinen Hauptaufgaben zählt somit die handwerkliche und künstlerische Gestaltung von Blumen- und Pflanzenschmuck. Ich berate meine Kunden, schaue nach dem Wohlergehen der Pflanzen im Laden und bearbeite Bestellungen des Blumenversands. Und ja, ab und an rede ich auch mit meinen Pflanzen, soll ja wahre Wunder bewirken.
Den grünen Daumen habe ich von meinen Eltern in die Wiege gelegt bekommen. Sobald der erste Sonnenstrahl unseren Garten streichelte, konnte man fest davon ausgehen, dass sie keine fünf Minuten später im Garten standen. Die Hecken wurden geschnitten, Blumen gepflanzt und immer mit dabei… ihre kleine Tochter. So ist es also nicht verwunderlich, dass ich in diesem Metier gelandet bin. Nach der bundesweit geregelten 3-jährigen Ausbildung, bin ich dann noch an eine Fachschule für Floristik, wo ich mich dann zum Meister, respektiv Meisterin fortgebildet habe. Anschließend stand dann die Eröffnung meines eigenen Blumengeschäftes an.
Mami und Papi waren mächtig stolz auf ihre Kleine. Nur war ich mir am Anfang selbst nicht so sicher ob es denn das Richtige ist. Also die Richtung war klar, aber ein eigenes Geschäft und somit selbständig zu sein, birgt eben auch viele Risiken. Was mache ich, wenn ich die Kosten nicht decke? Ab wann kann ich mit Gewinn rechnen? Kann ich noch jemanden einstellen? Fragen über Fragen.
Doch nun nach einigen Jahren kann ich wohl sagen: Ich habe es geschafft! Und auch eine Aushilfskraft habe ich seit gut zwei Jahren eingestellt.
Mein Laden läuft – auch wenn mir die Discounter etwas zu schaffen machen – , ich bin mein eigener Chef und rundum zufrieden. Falls ich hiermit den einen oder die andere von Euch anspreche sollte und Ihr wissen wollt was denn zur floristischen Ausbildung gehört, hier ein kleiner Überblick für alle Blumenliebhaber:
Schnittblumen-Arrangements (Gesteck, Blumenstrauß), Tischschmuck oder Trauerfloristik, Kranzbinden aber auch Proportionen- und Farbenlehre, Strategien der Verkaufsförderung und betriebswirtschaftliche Kalkulation stehen in der Ausbildungszeit auf dem Lernprogramm.
Was die Trauerfloristik angeht, ist es halt auch in diesem Beruf so, dass nicht jede Arbeit nur mit Freude verbunden ist. Denn nicht nur der freudige Geburtstag, die unvergessliche Taufe, die tolle Kommunion und die herzzerreissende Hochzeit werden feierlich floral dekoriert, sondern eben auch die traurigen Beerdigungen und Trauerhallen.
Und um schnell wieder vom traurigen Teil der Arbeit wegzukommen… sind wir schon wieder beim Thema Fußball – bei der ewigen Konkurrenz zwischen Deutschland und der Niederlande. Die weltbekannten Tulpen aus Amsterdam, die kommen gar nicht aus Holland. Die werden tatsächlich größtenteils mit Frachtfliegern aus Nairobi eingeflogen. Soviel zu den tollen „holländischen“ Tulpen.
Aber jetzt fasse ich mich mal lieber selbst an die Nase und schaue, dass mein Laden optisch was daher macht, denn heute Nachmittag kommt noch ein Fotograf vorbei der professionelle Fotos für meine demnächst erscheinende Internetpräsenz machen wird. Mir fiel heute Morgen schon auf, dass ich vor allem in der hinteren Ecke meines Ladens dringend mal über das Eckregal wischen muss.
Zu früh gefreut, neue Kundschaft steht im Laden. Somit werde ich mich dann erst einmal um den männlichen Kunden kümmern, ehe ich den Laden optisch noch etwas herausputze. Bei Männern ist es meist so, dass sie einen schönen Blumenstrauß für die Freundin oder Gemahlin suchen. Nur schießt mir da stets der Gedanke „Aha, schlechtes Gewissen?“ in den Kopf, obwohl ich an dieser Stelle hier wirklich nichts unterstellen will. Aber es ist halt ein typisches Klischee: Kommt der Mann mit Blumen nach Hause, hat er wohl was ausgefressen.
Dieser Ehemann scheint mir aber einer von der guten Sorte zu sein, denn er will, dass drei Rosen im Blumenstrauß die Geburt ihres dritten Kindes symbolisieren – süß!
So binde ich ihm einen farbenfrohen Strauß, samt seinen drei gewünschten Rosen zusammen und gratuliere ihm ganz herzlich zum neuen Erdankömmling.
Kaum ist der Kunde aus dem Laden, betritt eine Frau mein Geschäft. Na dann wollen wir mal hoffen, dass ich nach der Frau mit Prada Handtasche noch etwas Zeit finde um ein wenig aufzuräumen, ehe der Herr Fotograf auf der Matte steht.
Keine Kommentare