Mai 11 2009
Vorstellungsgespräch der besonderen Art
Niemals hätte ich gedacht, dass es für eine aktive Frau, wie ich es bin, derart schwer werden würde, einen neuen, adäquaten Job zu finden. Das hätte ich einfach nicht für möglich gehalten, zumal ich flexibel bin und einiges an Qualifikationen vorweisen kann. Ich bin studierte Betriebswirtin. Aber…, ich habe zwei Makel, die für Arbeitgeber eine unüberwindbare Hürde darzustellen scheinen. Wenigstens für die, die nicht mit dubiosen Angeboten locken. Ich bin siebenundfünfzig Jahre alt und recht füllig!
Nach den Erfahrungen der letzten Monate mit Bewerbungen und Vorstellungsgesprächen geben sich Menschen, die mit den beiden Makeln ´älter und dazu auch noch pummelig` oder mit einem dieser beiden behaftet sind, am besten gleich die goldene Kugel! Ohne lange zu überlegen. Das erspart viel Ernüchterung und Resignation.
Denn…, ich bin mir fast sicher, irgendwann gibt es vermutlich einen Erlass der Bundesregierung. Verkehrsunfälle, in denen Menschen über fünfzig Jahren oder sehr füllige zu Tode kommen werden mit erheblich milderen Strafen geahndet, als üblich! Immerhin, ein Rentenanwärter oder einer, der aufgrund seiner Fülle laut Statistik die Krankenkassen unverhältnismäßig viel Geld kostet, weniger. Man ändert einfach ein wenig die Gesetze! Nur ein bisschen, und das natürlich heimlich. Die Fußballweltmeisterschaft ist dafür wie geschaffen! Man erinnere sich nur an 2006. Während der Fußballweltmeisterschaft wurde unter anderem die Änderung für unter 25jährige arbeitslose Hartz IV Empfänger durchgeführt, die besagt, dass Menschen dieser Gruppe nunmehr in die Bedarfsgemeinschaft der Eltern mit einbezogen werden. Das heißt vereinfacht, das elterliche Einkommen wird bei der Prüfung von Ansprüchen mit berücksichtigt.
Während eines so markanten Events gehen derart unliebsame Gesetzesänderungen im Jubel und der allgemeinen Euphorie völlig unbemerkt über die Bühne!
Aber darüber wollte ich ja wirklich nur am Rande erzählen. Ich wollte von meinen Erfahrungen sprechen, die ich als Arbeitssuchende machte.
Diese Annoncen, die sich so wunderbar lesen, dass man sich sofort in Schale und ins Auto werfen will, um nur ja der erste Vorstellungskandidat zu sein!
Stellvertretend für alle anderen werde ich über ein Erlebnis berichten, wie es mir in meiner langen Berufspraxis bisher noch nie passiert ist.
Bevor ich mich also gestern zu diesem für siebzehn Uhr vereinbarten Vorstellungsgespräch aufmachte, ging ich noch in die Stadt, um mir einen Bikini zu kaufen. Ich weiß…, viele werden jetzt vermutlich den Kopf schütteln, weil ich, wie schon erwähnt, recht füllig bin. Aber auf meinem eigenen, geschützten, Balkon kann auch ich mir das Tragen eines Bikinis erlauben, denke ich. Da hatte ich allerdings Pech. In meiner Größe gab es nur Badeanzüge mit eingebautem Korsett. Wie sie die alten Frauen tragen. Nein Danke.
-Ich würde es begrüßen, würde man Verkäuferinnen auch ein wenig in Psychologie schulen!-
Dieser Blick der Dame, die mich bediente! Von ungläubig bis abwertend. Nun, so etwas bringt mich nicht aus der Fassung. Es ärgerte mich lediglich, dass ich nicht fündig wurde. Ich nahm mir vor, demnächst einmal in einem der Ulla Popgen Läden zu schauen. Also fuhr ich nachhause, zog mir meinen dunkelblauen Businessanzug an und weiter zu der angegebenen Adresse.
Die rechte Hand des Chefs der Unternehmensberatung, die zudem das Team leiten sollte, wurde gesucht. Also genau der Job, den ich mir wünschte.
Die angegebene Adresse entpuppte sich als ein heruntergekommenes Fabrikgebäude, in dem wohl ehedem eine Spedition und ein Einlagerservice für Möbel untergebracht war.
Das konnte nicht sein! Unschlüssig ging ich auf den Hof. Nr. 2, das stimmte also. Aus der Lagerhalle trat eine Frau mittleren Alters und fragte mich, ob sie mir helfen könnte. Ich nannte den Namen des Unternehmens, in dem ich mich vorstellen wollte. Sie wies mich zu einer Nebentür, einer Stahltür, die ich nehmen solle. Im Grunde hatte sich die Sache hier bereits erledigt, denn eine Unternehmensberatung in diesem Ambiente?
Aber ich war neugierig. Continue Reading »